Wulkow ist ein windiger Ort. Was die Betreiber von Windrädern heute zu schätzen wissen, hat den Dorfbewohnern vor über 300 Jahren offensichtlich Sorgen gemacht. Ihre Kirche haben sie besonders solide gebaut. Die Bauleute damals füllten nicht Lehm, sondern Ziegel zwischen die Holzständer des Fachwerkes. Dadurch sind die Mauern ungewöhnlich widerstandsfähig gegen Druck von der Seite, wie ihn orkanartige Stürme auslösen können. Diese Bauweise ist für eine Dorfkirche der damaligen Zeit in Brandenburg ungewöhnlich.
Besonders ist am Wulkower Gotteshaus auch, dass es bis in die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts Patronatskirche war. Das Gut beziehungsweise seine Herren kamen für die Kirche auf.
Erbaut unter Burgsdorff
Die Kirche hat Joachim Erdmann von Burgsdorff 1687 bauen lassen. Über der Schallöffnung der Glockenstube ist diese Jahreszahl zu sehen. An die Zeiten der Erbauer der Kirche erinnern heute noch der hölzerne Taufengel von 1710, der im Kirchenschiff von der Decke hängt, Wandbilder und das hölzernen Epitaph für den Erbauer. Auch der Patronatsstuhl von Burgsdorffs und seiner Frau, einer geborenen von Schlieben, ist erhalten geblieben. Vom Anfang des 18. Jahrhunderts stammt der reich mit Schnitzereien verzierte Altaraufbau. Das Gemälde in seiner Mitte zeigt das Abendmahl. Andere Schätze sind vor allem infolge des Zweiten Weltkrieges verlorengegangen. Die alte Kanzel von 1687 und die Orgel verschwanden nach 1945 spurlos. Der Zweite Weltkrieg hat das Dach stark in Mitleidenschaft gezogen, der Putz am Turm war in den folgenden Jahrzehnten immer mehr abgebröckelt. Kurz nach der Wende ist die Südseite repariert worden, für eine gründliche Sanierung fehlte der Gemeinde das Geld.
Sturz eines Engels
Ein Wendepunkt in der neueren Wulkower Kirchengeschichte ist der 3. Juli 2011. Damals löste sich das Gewinde aus dem morschen Rücken-Holz des Taufengels – das Kunstwerk stürzte zu Boden und wurde schwer beschädigt. Für viele Wulkower war das ein Schock – und Anlass, sich für die Restaurierung zu engagieren, unter anderem mit Spenden und Benefizkonzerten. Die evangelische Kirche veranstaltete damals passenderweise eine landesweite Aktion „Menschen helfen Engeln“. So gelang es, zwei Restauratoren zu gewinnen, den Engel wieder zu reparieren. Seit 2013 schwebt er wieder durchs Kirchenschiff. Zeitgleich mit der Taufengel-Aktion gelang es 2012 der damaligen Pfarrerin Susanne Seehaus, die nötigen Fördermittel für eine umfassende Sanierung der Kirche zu mobilisieren: Außenhülle, Turm und teilweise die Deckenbalken wurden saniert bzw. ausgewechselt. Auch das Sensenmann-Epitaph für Kurt von Burgsdorff – zu DDR-Zeiten mit giftigem Holzschutzmittel behandelt – wurde gereinigt und restauriert.
Ungewöhnliches Uhrwerk
Im Zuge der Turmsanierung wurde auf dem Boden ein ungewöhnlicher Gegenstand entdeckt: Ein Turmuhrwerk aus der Zeit um 1700. “Das ist schon eine kleine Sensation!”, staunte der Chemnitzer Historiker und Uhren-Spezialist Gerhart Dohrn van Rossum, als er 2013 in der RBB-Sendung „Theodor“ den Fund in Augenschein nahm. Das Uhrwerk war zwar verrostet, doch vollständig erhalten. Kein Teil des Uhrwerks sei je erneuert worden, sagt der Professor. Nach Recherchen des RBB gibt es in Brandenburg kein weiteres Uhrwerk dieses Alters in diesem Erhaltungszustand. Uhrwerke wie das aus Wulkow gehören zu den ersten, die einen präzisen Stundenschlag ausgeben konnten – “mit einer Abweichung von etwa zehn Minuten pro Tag”, schätzt Dohrn van Rossum. Seit dem Fund steht das Uhrwerk in einem Nebenraum der Kirche. Der Wulkower Peter Hellert kümmert um die Restaurierung des Denkmals.
Elektronische Orgel
Seit 2015 hat die Wulkower Kirche auch wieder eine Orgel, allerdings ist diese ein elektronisches Instrument. Wie natürlich sie allerdings in dem kleinen Raum klingt, lässt sich bei Gottesdiensten und Kirchenführungen bewundern – immer dann, wenn die Wulkower Organistin Johanna Thöne in die Tasten greift.
Grufthaus mit prächtigem Stuckportal
Neben der Kirche befindet sich das barocke Grufthaus für Joachim Erdmann von Burgsdorff, seine Frau und vier weitere Familienmitglieder. Die Särge sollen schon vor dem Ende des zweiten Weltkriegs entfernt und die Leichen erdbestattet worden sein. Das Imposante an der Gruft ist die reich mit Stuck verzierte Fassade. An der Decke der Gruft ist ein ovales Deckenbild zu sehen. Dargestellt sind Engel und eine Totenstätte mit Särgen, dazu der Spruch: „Bringet mir diese zur Ruhe“. Eine Inschrifttafel gegenüber des Eingangs würdigt die Person Joachim Erdmann von Burgsdorffs.
Fotos: Fred Pilarski